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31/2022
 

Denn Abraham wartete auf die Stadt, die wirklich auf festen Fundamenten steht und deren Gründer und Erbauer Gott selbst ist.

Hebräer 11,10 (Hoffnung für alle)

Die biblische Geschichte beginnt in einem Garten und endet in einer Stadt. Auf den ersten Blick könnte man meinen, Gott habe sich eines Besseren besonnen und möchte uns auf der neuen Erde ein hochwertigeres Zuhause anbieten als beim ersten Mal: nicht aus Blättern und Zweigen, sondern aus reinem Gold (Offb 21,18). Was für ein Kontrast – oder sogar Gegensatz?

Doch dieser Eindruck trügt. Weder geht es um die Entwicklung von der Natur- zur Kulturlandschaft, noch will uns die Offenbarung über Architektur und Städtebau der Zukunft informieren. Worum es bei der Gottesstadt in Wirklichkeit geht, zeigt die Geschichte Abrahams.

Terach hatte mit seiner Familie die Stadt Ur in Chaldäa verlassen, um ins Land Kanaan zu ziehen. Nach seinem Tod in Haran – etwa auf halbem Weg – erschien Gott dessen Sohn Abraham und forderte ihn auf, weiter in das „Land, das ich dir zeigen will“, zu ziehen (1 Mo 12,1). Von da an zog Abrahams Familie als Nomaden durch Palästina, ohne festen, dauerhaften Wohnsitz.

Der Schreiber des Hebräerbriefs kann sich in die Lage des Glaubensvaters hineinversetzen: Wer ständig unterwegs ist, sehnt sich irgendwann nach einem festen Zuhause. Eine Stadt mit Mauern und Toren bot Menschen Sicherheit und Komfort, Geborgenheit und Schutz. Diese Stadt würde Gott bauen, der Abraham aufgefordert hatte, Haus und Hof, Heimat und Verwandte zu verlassen.

Als Glaubensvater wurde Abraham nicht nur für das Volk Israel zum Vorbild, das später 40 Jahre durch die Wüste wanderte, bis es schließlich das gelobte Land erreichte. Auch Christen sind „Fremdlinge und Pilger“ auf dem Weg in Gottes neue Welt (1 Ptr 2,11). In diesem Sinne heißt es im Hebräerbrief: „Denn hier auf der Erde gibt es keinen Ort, der wirklich unsere Heimat wäre und wo wir für immer bleiben könnten. Unsere ganze Sehnsucht gilt jener zukünftigen Stadt, zu der wir unterwegs sind.“ (Hbr 13,14 NGÜ)

Was das Neue Jerusalem mit dem Garten Eden verbindet, ist seine Funktion als Tempel. „Seht, die Wohnung Gottes unter den Menschen! Er wird in ihrer Mitte wohnen und … wird bei ihnen sein.“ (Offb 21,3 EÜ) Dann werden wir wieder dort sein, wo wir eigentlich hingehören: in Gottes „Paradies“ (Lk 23,43).

Rolf J. Pöhler


© Advent-Verlag Lüneburg



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