Sie sind hier: Andacht der Woche  

10/2023
 

Wenn ihr denen vergebt, die euch Böses angetan haben, wird euer himmlischer Vater euch auch vergeben. Wenn ihr euch aber weigert, anderen zu vergeben, wird euer Vater euch auch nicht vergeben.

Matthäus 6,14–15 (Neues Leben Bibel)

Da ist dir jemand den entscheidenden Zentimeter zu nahe getreten. Hat an deiner Ehre gekratzt. Dich beleidigt. Vielleicht sogar Unwahrheiten über dich verbreitet. Und derjenige denkt nicht einmal im Traum daran, dich um Verzeihung zu bitten. So einem vergeben?Kommt gar nicht infrage! Dir steht der Sinn vielmehr nach Rache. Du wirst deine Abneigung gegen diesen Bösewicht solange kultivieren, bis er irgendwann doch zu Kreuze kriecht. Und wenn es Wochen, Monate oder Jahre dauert. Auf einmal begegnet dir der obige Bibelvers … Ist dir die Brisanz dieser Aussage Jesu bewusst? Ich finde in der Heiligen Schrift nur wenige Fälle, in denen Menschen kategorisch das Heil abgesprochen wird. Neben der Lästerung des Heiligen Geistes (Mk 3,29) und der Verführung zum Abfall (Mt 18,7; Mk 9,42) zählt der Mangel an Vergebungsbereitschaft offenbar dazu. Es scheint geradezu eine Existenzfrage zu sein, ob ich vergebe oder nicht.

Auch dann, wenn mein Gegenüber uneinsichtig ist und bleibt, Schuld belastet immer beide Seiten. Der Ärger, den ich konserviere, ruiniert auch meine Gesundheit und nimmt mir viel Lebensfreude. Deshalb will ich meine Vergebung nicht von der Reue des anderen abhängig machen. Es stimmt schon, dass zur Versöhnung zwei gehören. Aber vergeben kann ich auch im Alleingang.

Ich bin immer wieder beeindruckt von Gottes Willen zur Vergebung. Wenn ich erlebe, da ist einer, der auf mich zugeht, obwohl ich so viel auf dem Kerbholz habe. Der mir versöhnlich die Hand entgegenstreckt, obwohl mein Sündenregister das eigentlich verbietet. Der mir meine Schuld bewusst macht, ohne mich zu blamieren. Einfach, weil er es gut mit mir meint. Dann wird mein hartes Herz weich und ich werde fähig, auch mit meinem Mitmenschen nachsichtig umzugehen.

Vergebung kann ein hartes Stück Arbeit sein. Und so sehr ich mich auch darum bemühen mag, letztlich bleibt sie ein Wunder, das nur Gott wirken kann.

Aber ich möchte an diesem Wunder teilhaben! Und du? Tu dir etwas Gutes und vergib!

Gerhard Gregori


© Advent-Verlag Lüneburg



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