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18/2022
 

Elkana aber, ihr Mann, sprach zu ihr: Hanna, warum weinst du und warum isst du nichts? Und warum ist dein Herz so traurig?

1. Samuel 1,8

Vor einem Hauseingang stand ein älterer Mann, der ein kleines Mädchen auf seinen Armen hielt. Es weinte herzzerreißend und rief dabei ständig: „Mama, Mama.„ Er gab sich viel Mühe, das Kind zu beruhigen, doch es half nichts. Plötzlich ging die Haustür auf und die Mama trat ins Bild. Sie nahm ihren Schatz in die Arme, und die Traurigkeit war bald verflogen.

Nicht nur Kinder können von Herzen traurig sein, wenn ihre Eltern nicht zugegen sind, sondern auch andersherum. Hanna ist dafür ein Beispiel von vielen, die sich nach einem Kind sehnen. In aller Kürze die Geschichte: Elkana hatte zwei Frauen, Peninna und Hanna. Während Peninna mehrere Kinder zur Welt gebracht hatte, war Hanna kinderlos geblieben. Obwohl diese Tatsache für Hanna schon schlimm genug war, wurde ihr ihre Kinderlosigkeit immer wieder von Peninna unter die Nase gerieben. Das passierte vor allem dann, wenn die Familie alle Jahre wieder ein religiöses Fest besuchte. Es scheint, als ob diese Attacken in aller Öffentlichkeit geschahen. Von Gott war das Fest auch als freudiges Ereignis gedacht, doch für Hanna wurde es zu einem Trauerspiel. Eines Tages überstieg der seelische Schmerz ihre Tragkraft. In ihrer Not schüttete sie ihr Herz vor Gott aus und bekam daraufhin göttlichen Zuspruch durch den Priester Eli (1 Sam 1,9–17).

Bis heute überfällt Traurigkeit Menschen allen Alters und aller gesellschaftlicher Schichten. Dabei sind die Ursachen vielfältig; oft geht es um Verlust – in unterschiedlichster Form. Am härtesten trifft es uns, wenn eine Person, der wir nahestanden, plötzlich nicht mehr ist.

Wie können Betroffene solche Phasen überwinden? Sicher ist, dass große Traurigkeit nicht per Knopfdruck überwunden werden kann. Oft ist viel Geduld vonnöten, denn Zeit kann Wunden lindern. Es lohnt sich auch, über Hannas Weg aus dem Tief nachzudenken. Sie klagte Gott ihren Schmerz und erlebte, wie er ihr in Priester Eli einen Tröster zur Seite stellte. Eines Tages konnte sie beten: „Mein Herz ist fröhlich in dem HERRN.„ (1 Sam 2,1) Was für eine Wende! Gott kann Traurigkeit in Freude verwandeln – auch heute noch.

Wilfried Krause


© Advent-Verlag Lüneburg



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